
Normalerweise ist der Big Brother Award ein Negativ-Preis, den kein Preisträger haben will. Dieses Jahr wurde aber bei den Big Brother Awards Deutschland erstmals auch ein Positiv-Preis verliehen: an Edward Snowden.
Zwischen Umzug und Heartbleed-Passwort-Änderungen kann man schon mal kurz übersehen, dass eben die Hölle zugefroren ist: Am Freitag wurden in Bielefeld wieder die Big Brother Awards vergeben und zum ersten Mal gab es dabei auch einen Positiv-Preis, den . Der Preisträger ist nicht überraschend: Edward Snowden erhält dieses Preis zu dem 1 Millionen gehören. 1 Millionen Aufkleber, die kostenlos verschickt werden, um der Forderung nach freiem Geleit und einem stabilen Aufenthaltstitel für den Ex-Geheimdienstler Nachdruck zu verleihen. Die Laudatio auf den Preisträger, der den Preis aus bekannten Gründen nicht persönlich in Empfang nehmen konnte, hielt Heribert Prantl von der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung. Darin kritisiert er natürlich auch den mangelnden Aufklärungswillen der Bundesregierung:
In Berlin hat der Bundestag einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der den NSA-Skandal aufklären soll. Das Seltsame dabei ist, dass die Mehrheit im Ausschuß den nicht hören will, der den Skandal aufgedeckt hat. Die CDU/CSU redet über Snowden, als habe er eine ansteckende Krankheit. Und die SPD widerspricht kaum. Das ist grober Undank.
Der Mann habe doch schon alles gesagt, was er wisse, heißt es; man brauche ihn doch daher gar nicht mehr zu vernehmen. Das ist vorweggenommene Beweiswürdigung. Die ist im gesamten Recht verboten; im Deutschen Bundestag auch. Snowden ist ein zentrales Beweismittel, das weiß jeder. Der wahre Grund dafür, warum man Snowden nicht einmal einladen will, ist der: die Kanzlerin Angela Merkel fürchtet, dass dann die Amerikaner pikiert und unwirsch reagieren, wenn sie im Mai in die USA reist. Das ist nicht nur hasenherzig. In ihrem Amseid hat die Kanzlerin geschworen, Schaden vom deutschen Volk zu wenden. Schaden wenden – das heißt: etwas gegen den Schaden zu tun, den die NSA anrichtet. Stattdessen tut die Bundesregierung so, als sei Snowden und nicht die USA der Schädiger.
Aber natürlich wurden auch wieder die üblichen Negativpreise vergeben:
- Politik: Das Bundeskanzleramt erhält den BBA als Aufsichtsbehörde der Geheimdienste in Deutschland für die eigenen Verstrickungen in den Überwachungsskandal und die unterlassenen Abwehrmaßnahmen. Dabei darf sich der alte „Die Affäre ist beendet“-Minister Pofalla sicher genauso geehrt fühlen, wie die aktuellen Vertreter des Bundeskanzleramts Dr. Angela Merkel, Peter Altmaier, Klaus-Dieter Fritsche und Günter Heiß.
- Verkehr: Die MeinFernbus GmbH erhält den diesjährigen Preis im Bereich Verkehr für den Zwang bei der Buchung eines günstigeren Online-Tickets auch immer einen amtlichen Ausweis vorzuzeigen, was das anonyme Reisen per Bus fast unmöglich macht, zumindest aber erschwert und teurer macht.
- Technik: Die „Spione im Auto“ ganz allgemein wurden im Bereich Technik ausgezeichnet, also alle Systeme, die Autofahrer ständig beobachten und überwachen, sei es als Navigationssystem mit Rückmeldung an eine Zentrale, Systeme, die für Versicherungen das Fahrverhalten aufzeichnen und analysieren und auch die ganzen kleinen Überwachungssysteme der Hersteller, die natürlich nur der Sicherheit dienen sollen.
- Wirtschaft: Der IT-Konzern Computer Sciences Corporation, eine Art outgesourcte IT-Abteilung der Geheimdienste CIA und NSA, die auch in Deutschland aktiv ist und auch Aufträge der Bundesregierung erhält darf sich über den Preis in der Kategorie Wirtschaft nicht freuen.
- Neusprech: Die angeblich so harmlosen „Metadaten“, die Geheimdienste und Regierungen von uns sammeln wollen und dabei immer betonen, dass sie ja „nur“ diese Metadaten und nicht die Daten der Bürger wollen würden. Dabei weiß doch inzwischen jeder, dass Metadaten deutlich mehr verraten, als es die Sammlungsfans zugeben wollen.
- Arbeitswelt: Die RWE Vertrieb AG lässt in Call-Centern von Subunternehmern die Überwachungssoftware von Verint Systems einsetzen, mit der die Mitarbeiter heimlich überwacht werden können. Der Preis ist stellvertretend für alle Unternehmen, die solche Systeme einsetzen.
- Verbraucherschutz: LG hat sich die Auszeichnung mit ihren smarten TV-Geräten verdient, die per Internet detaillierte Informationen über das Sehverhalten der Nutzer nach Südkorea zur Firmenzentrale geschickt haben. Aber das waren ja „nur Metadaten“…
- Einige tadelnde Erwähnungen gab es auch, unter anderem wurden Debeka, der Parkhaus-Betreiber Contipark und WhatsApp getadelt (da sieht man, was ein kleiner Buchstabe ausmachen kann, würde man ein „t“ streichen, wären die Erwähnten richtig glücklich).